Wie gelingt die digitale Vertriebstransformation? – Besser inkrementell oder disruptiv?

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Wie gelingt die digitale Vertriebstransformation? – Besser inkrementell oder disruptiv?
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Die digitale Vertriebstransformation ist für viele mittelständische Unternehmen immer noch ein Potentialthema für Innovationen. Wir kennen bei Kunden zwei Philosophien, mit der man sich einem solchen Projekt stellen kann. Entweder geht man das Thema inkrementell an, also als aufeinanderfolgende Schritte, die auf dem jetzigen Stand beginnen, oder disruptiv bzw. als eine schlagartige Abkehr von allen bisherigen Vorgehensweisen.

Doch was ist bessere Weg? Sollte man auf Bewährtem aufbauen, auch im digitalen Vertrieb, oder sollte man lieber disruptiv Dinge mal komplett anders machen bzw. komplett anders denken?

Dazu möchte ich heute mit Ihnen meine Erfahrungen teilen. Wenn Sie vielleicht schon den einen oder anderen Podcast von mir gehört haben, dann kennen Sie vermutlich mein Mantra für B2B eCommerce und das lautet, das es bei Veränderungsprozessen vor allem auf Geschwindigkeit ankommt. Wenn man diesem Mantra folgt, könnte man nun zu dem Schluss kommen, dass alles was komplex ist, schlecht ist, da es schlicht weg länger dauert.

Eine disruptive Vorgehensweise ermöglicht, durch eine Reduktion von Komplexität, genau solche Geschwindigkeitsvorteile zu erzielen. Damit wäre diese Vorgehensweise doch gegenüber einer inkrementellen Vorgehensweise im Vorteil, oder? Schauen wir uns dazu einige Beispiele an. Ein Thema, welches in den meisten B2B eCommerce Projekten immer sehr viel Zeit und Kraft kostet, ist das Thema der kundenindividuellen Preise bzw. das Thema Preisfindung.

Hier müssen sehr viel Regeln berücksichtigt werden, um am Ende des Tages den richtigen Preis zu ermitteln. In vielen Fällen waren die Regeln so komplex, dass auf unsere Nachfrage der Kunde zugeben musste, dass seine Kunden gar nicht in der Lage seien den Preis nachzuvollziehen. Würde man die Preisregeln einfach nicht hinterfragt übernehmen, wäre das aus unserer Sicht die falsche Antwort, denn hier besteht eine gute Möglichkeit im digitalen Vertrieb dieses Thema zu vereinfachen und auf der berühmten grünen Wiese sich Gedanken zu machen, was denn eine zukunftsorientierte, marktgerechte Preisfindung wäre.

Als ersten Schritt dorthin würden wir empfehlen mit einfachen Rabattgruppen zu starten und auf der Basis von Vergangenheitswerten durchzurechnen wie sich z.B. der Umsatz verändert hätte, wenn dieses Modell Grundlage für die Preisermittlung gewesen wäre. Das Gleiche sollte man im übrigen auch mal aus Kundensicht tun und prüfen, wie sich die Kundenpreise dann absolut verändern. In vielen Fällen kam raus, dass ein Wechsel auf einfachere Rabattgruppen im großen Ganzen nur sehr wenig am Umsatz verändert. Wenn Sie auch so etwas feststellen, dann macht es doch Sinn das Thema Preisfindung disruptiv anzugehen und die Komplexität zu reduzieren, oder?

Schon nähern wir uns dem zweiten Beispiel an. Im B2B Umfeld noch weit verbreitet ist die Anforderung, dass Interessenten einen Antrag stellen müssen, um Kunde werden zu können. Der Vorgang nennt sich Registrierung. Hier sind Interessenten aufgefordert jede Menge Informationen beizubringen. Als ein Beispiel möchte ich den Handelsregisterauszug nennen. Auf der Basis dieser Informationen entscheiden Unternehmen dann, ob sie den Interessent als Kunden möchten, oder eben nicht. Als eine wesentliche Begründung für diese Vorgehensweise, wird die Bonitätsprüfung genannt, die dem Interessenten Zahlungsmethoden und Konditionen beschert.

Interessant wird es, wenn man über das Thema mit Kunden redet, die bereits eine B2B eCommerce Lösung betreiben. Je länger ein Kunde das nämlich tut, umso eher hören wir, dass es den Kunden, so lange rechtlich alles in Ordnung ist, egal ist, wer bei Ihnen kauft, denn sie können ihr Risiko sehr leicht minimieren. Denn, worin besteht das Risiko überhaupt? Zahlungsausfälle? Nun gut, das lässt sich doch über einen Zahlungsdienstleister lösen. Im B2B Umfeld gibt es mittlerweile mehrere Anbieter, die das Risiko für die Zahlart Rechnungskauf z.T. bis 50.000 Euro absichern und übernehmen. Macht es da nicht Sinn, auch eine Gastbestellungsmöglichkeit vorzusehen? Aus unserer Sicht unbedingt. Und bei den Bestandskunden, für die man bereits Bonitätsaussagen hat, verzichtet man auf die Absicherung durch den Zahlungsdienstleister und spart sich die Gebühren dafür. Sind nicht auch Sie der Meinung, das ein disruptiver Ansatz hier deutlich zukunftsorientiert ist, als inkrementel vorzugehen?

Komplexität ist somit immer ein Indikator sich die Frage zu stellen, ob man inkrementel oder disruptiv vorgehen sollte. Aber Komplexität ist nur ein Indikator sich die Frage zu stellen. Die Antwort kann auch anders lauten.

Stellen wir uns vor Sie sind ein Maschinenbauunternehmen und kein Serienfertiger, sondern verkaufen individuell und kundenspezifisch konzipierte Maschinen. Der Verkaufsprozess ist eher langwierig und verläuft kundenspezifisch individuell. Einen solchen Prozess kann man nicht vereinfachen, denn das Produkt um das es geht, setzt einen komplexen Beratungsprozess voraus. Ebenfalls ist es häufig auch keine Option, die Komplexität auf den Kunden abzuwälzen z.B. in dem man Konfiguratoren einsetzt. Das Unangenehme dabei ist nämlich, das ich in diesem Fall die Verantwortung für den Bestellinhalt auf den Kunden verlagere. Häufig können Kunden das gar nicht oder wollen das auch nicht, sondern möchten die persönliche Beratung und damit auch die Garantie, dass die Maschine perfekt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Somit wäre hier eine inkrementelle Vorgehensweise angebracht. Wir würden nämlich empfehlen, dass der eigentliche Verkaufsprozess so bleibt, wie er jetzt ist und man sich bei der Digitalisierung des Vertriebs auf die Themen Produktauswahl, Angebotsanfrage und Serviceleistungen, wie die Ersatzteilbestellung oder die Buchung von Wartungsterminen, konzentriert.

Grundsätzlich würden wir aber immer empfehlen zunächst disruptiv zu denken und alle Prozesse und Vorgehensweise mal auf den Prüfstand zu stellen und zu schauen was und wie sich etwas digitalisieren lässt. Am Ende des Tages sollte man sich aber immer die Frage stellen, ob das Ergebnis auch aus der Sicht Ihrer Kunden gut ist und deren Bedürfnisse abdeckt. Nur solange das sichergestellt ist, befinden Sie sich auf dem richtigen Weg.

In den nachfolgenden Blogbeiträgen erhalten Sie weitere detaillierte Einblicke in die Herausforderungen der Digitalisierung und wertvolle Hinweise, wie sie diesen Hürden begegnen können: