Preiskampf im Internet – Unvermeidbar oder nicht? Wir zeigen Wege aus der Preisspirale

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Preiskampf im Internet – Unvermeidbar oder nicht? Wir zeigen Wege aus der Preisspirale
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Mein Thema ist der Preiskampf im Internet und wie man als B2B Unternehmen damit am Besten umgeht. Im B2C herrscht gerade bei Standardprodukten ein gnadenloser Preiskampf. Letztlich auch durch Preissuchmaschinen hervorgerufen, die es sehr einfach machen, wenn man sich mal für ein Produkt entschieden hat, den Anbieter mit dem günstigsten Preis zu finden.

Viele unserer Interessenten fragen sich deshalb, ob Ihnen das auch demnächst in Ihrem Markt im B2B Bereich blüht. Ob sich das so entwickelt oder nicht ist Spekulation. Aber es gibt Dinge, die man tun kann, um einen Preiswettbewerb zu vermeiden und hierzu möchte ich heute einige Ideen geben.

Wenn man sich den B2C Markt im Internet heute mal anschaut, dann gibt es die Tendenz, dass gerade chinesische Anbieter um jeden Preis auch auf den europäischen Markt wollen. Ein Beispiel sind Apple Airpod Kopien, die von einem chinesischen Anbieter für 3.- € verkauft werden. Da Apple ja auch in China produziert, kaufe ich bei diesen Preisen wirklich noch die Originale von Apple?

Wenn früher Vertriebswege über Ebay und Amazon (Amazon als Vermarktungsplattform) liefen, so sind es heute vielfach chinesische Plattformen (China als eCommerce Markt – Zahlen und Fakten) wie zum Beispiel Aliexpress, die auf den europäischen Markt wollen und chinesische Produkte zu günstigsten Konditionen direkt vermarkten. Aber auch Shopping Apps wie zum Beispiel Wish.com haben bemerkenswerten Erfolg. Wenn man sich mal anschaut das in 2021, die Wish.com App mehrere 100 Millionen Mal heruntergeladen wurde, dann sieht man, dass hier ein großer Käufermarkt auch in Europa dieses Angebot nutzt.

Das erstaunt insbesondere wenn man sich mal anschaut, wie die Produktpräsentation bei diesen Plattformen stattfindet. Zum größten Teil stammen nämlich die Produktdaten, wie z.B. Produktbeschreibungen, von automatisierten Übersetzern und sind somit zum Teil gar nicht zu verstehen. Dann sind die Lieferzeiten mit bis zu 30 Tagen nicht mehr zeitgemäß und selbst die 30 Tage werden z.T. nicht eingehalten.
Weiterhin muss jedem, der auf diesen Plattformen bestellt, auch klar sein, dass eine Reklamation eigentlich chancenlos ist.
Hier drängt sich doch die Frage auf, wenn die Customer Experience auf diesen Plattformen so grauenhaft ist und gerade in der eCommerce Branche immer wieder betont wird, dass die Erhöhung der Customer Experience für zufriedenere Kunden sorgt, wie das denn zusammen passt.

Ich denke, es gibt natürlich einen Markt, der bereit ist Schmerzen zu ertragen, um den günstigsten Preis zu bekommen. Dieses Kundenverhalten ist nicht wegzudiskutieren und vermutlich würden die auch nachts um 3:30Uhr aufstehen, um irgendwas günstiger zu bekommen.

Aber was kann ich als Anbieter denn tun, wenn ich mich in diesen Preiskampf nicht hineinbegeben möchte, z.B. weil es überhaupt nicht meiner Produktphilosophie entspricht.

Als erstes würde ich Ihnen empfehlen, dass Sie sich mal Gedanken machen sollten, welche Probleme Kunden mithilfe Ihrer Produkte lösen?
In vielen Fällen benötigen Kunden nämlich mehr als nur ein Produkt. Häufig sind Beratungsleistungen, Dienstleistungen sowie Services relevant. B2B Kunden kaufen eben nicht für ihr persönliches Vergnügen, sondern nutzen Ihre Produkte, um Probleme zu lösen, die ihnen wiederum helfen ihre Wertschöpfung zu ermöglichen oder zu verbessern.

An dieser Stelle kann ich ansetzen und Produkte mittels Wissen über die Bedürfnisse meiner Kunden zu Lösungen zusammenzustellen.

Denken Sie in diesem Zusammenhang mal an Produktberater, die Kunden über Fragen hin zu einer Produktliste führen mit der der Kunde in der Lage ist sein Problem zu lösen. Das die Produkte in der Liste zusammen eine Problemlösung ergeben, dafür garantieren Sie und übernehmen die Verantwortung. Wenn der Kunde selber versucht bei anderen Anbietern diese Liste nachzubauen, geht dieser Anbieter in die Verantwortung. Sofern der Kunde kein Fachmann ist, wird ihm die Beurteilung schwer fallen.
Oder Sie bieten zusätzliche Dienstleistungen an, wie Aufbau, Schulung, oder Wartung. Ergänzend kann auch die Vermittlung eines Experten aus Ihrem Netzwerk, der mit dem Umgang Ihrer Produkte geschult ist, sehr hilfreich sein.

Für den B2B Bereich können auch Serviceleistungen, wie z.B. ein Kundenportal, mit dem Sie Ihren Kunden echte Mehrwerte bieten, wichtige Entscheidungsfaktoren für Ihre Kunden sein, das er bei Ihnen kauft und nicht beim günstigen Wettbewerber.

Preisaggressive Anbieter müssen sich nämlich darauf konzentrieren, den besten Preis anbieten zu können. Zusatzleistungen rund um das Produkt stören da. Wenn ein Kunde aber genau das auch möchte, ist er vermutlich bereit einen höheren Preis zu zahlen. Ebenfalls kann die pure Verfügbarkeit von Produkten eine gute Strategie sein. Wenn Ihr Wettbewerb zwar günstigere Preise hat, aber keine Ware, kauft der Kunde bei Ihnen. Wir haben mehrere Kunden, deren Geschäftsmodell zumindest zum Teil auf Warenverfügbarkeit basiert.

Doch was mache ich als Unternehmen, wenn meine Kunden tatsächlich nur Standardprodukte wollen, für die es keine Differenzierungsmöglichkeit über Beratung oder durch Dienstleistung gibt? Dann wird es ein bisschen schwieriger, aber auch hier gibt es Möglichkeiten. Ich möchte an dieser Stelle Otto als ein Beispiel aufführen. Otto hat schon sehr früh auf eCommerce gesetzt und seine Produkte auch über diesen Kanal verfügbar gemacht. Damals war das innovativ. Vor circa zehn Jahren musste Otto aber erfahren, dass es nicht nur darum geht, Produkte online anzubieten.
Zalando hat es damals vorgemacht, dass es eben darauf ankommt, Produkte besser zu verkaufen und nicht nur die besseren Produkte zu verkaufen.

Das heißt vertrieblich innovativer sein. Denken Sie doch mal disruptiv über Abo- oder Mietmodelle nach. Vielleicht ist es aber auch erfolgreicher, wenn Sie mittels Analysetechnik ein besseres Verständnis für Ihre Kunden entwickeln und das nutzen um vertrieblich besser zu sein. Ebenfalls möchte ich das Thema Verkaufspsychologie (Psychologie – Tipps für erfolgreichere Webshops) erwähnen. Hier gibt viele Erkenntnisse aus den 60iger Jahren, die sich gut in den digitalen Vertrieb übertragen lassen. Ich möchte Ihnen hierzu für den Anfang das Buch Pre-Suasion von Robert Cialdini (ISBN 978-3-593-50507-7) empfehlen.

Antworten auf den Preiskampf sind also vorhanden, auch wenn die Interpretation was für Sie und Ihr Geschäft zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Antwort ist, sich nicht pauschalisieren lässt.

Für welchen Weg Sie sich aber auch immer entscheiden, denken Sie immer daran, dass der Wurm dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler. Ich würde also immer empfehlen, so schnell wie möglich eine Idee im Markt zu testen, statt im Elfenbeinturm zu optimieren. Wenn Sie sich heute große digitale Plattformen anschauen, wie z.B. Amazon, dann kann man dort erkennen, dass diese Plattform in einer sehr, sehr hohen Anzahl Veränderungen testen. Das sind meistens Kleinigkeiten, wie Textänderungen, den Button oben oder unten auf der Seite zu platzieren, etc. Vielfach sieht man das gar nicht so direkt und wir nehmen es überhaupt nicht richtig wahr, aber Amazon testen mehrere tausend Anpassungen jährlich und optimiert so kontinuierlich die Benutzerführung. Schnelligkeit ist im eCommerce das A und O. Das bedeutet, dass ich von der Idee bis zur Evaluierung schneller sein muss als der Wettbewerb. Und je intensiver ich auch Anpassungen oder Erkenntnisprozesse in meiner Plattform unterstützen oder ausprobieren kann, umso schneller bin ich gegenüber meinem Wettbewerb und kann mein Geschäftsmodell weiterentwickeln.

Wenn Ihre Antwort auf den Preiskampf heißt, dass Sie im Digitalvertrieb innovativer bzw. besser sein müssen, als Ihr Wettbewerb, dann muss Ihr Team, Ihre Partner und Ihre Technologie auch in der Lage sein, „schnell mal was auszuprobieren“. Innovation bedeutet immer Veränderung, aber nicht jede Innovation bedeutet auch mehr Erfolg. Somit müssen Sie so schnell wie möglich herausbekommen, welche Innovation für mehr Erfolg sorgt.

Ich möchte zum Schluss aber noch auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Das ist die Regionalität. Eigentlich funktioniert ein digitaler Vertrieb technisch weltweit und regionale Aspekte sind unwichtig. Aber eben nicht für alle und für alles. Regionalität kann nämlich für Ihre Kunden sehr wichtig sein. Und der Begriff Regionalität ist dabei durchaus vielschichtig, also nicht nur auf die Postleitzahl Ihres Firmensitzes bezogen. Denken Sie mal an Sprache, Datenschutz, Importbeschränkungen, logistische Herausforderungen, Gewährleistung, Vorgaben zur Beschaffung und rechtliche Vorgaben, wie das Lieferkettengesetz oder das Verpackungsgesetz.

Ich hoffe, dass ich Ihnen Ideen für eine nicht preisbezogene Wettbewerbsdifferenzierung mit den Weg geben konnte.

 

Zum Thema Preiskampf lesen Sie auch unseren Artikel Billig – Billiger am Billigsten – Dem Preiskampf im Internet entkommen.