B2B eCommerce – Ein zusätzlicher Umsatzbringer für den Mittelstand oder pure Notwendigkeit?

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B2B eCommerce - Ein zusätzlicher Umsatzbringer für den Mittelstand oder pure Notwendigkeit?
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Mehr Umsatz durch eCommerce im B2B?

Ist B2B eCommerce tatsächlich ein zusätzlicher Umsatzbringer für mittelständische Unternehmen? Das ist zumindest die Meinung, die uns immer wieder in Gesprächen mit Kunden oder Interessenten begegnet. Generell herrscht die Meinung vor, dass man sich über eCommerce einen weiteren zusätzlichen Vertriebskanal schafft, über den neue Märkte erobert werden können. Ist das eine realistische Einschätzung? Ich denke, sie ist nicht ganz falsch, aber sie ist auch nicht wirklich richtig.

Um zu verstehen, was möglich ist, müssen wir uns noch mal grundsätzlich die Frage stellen auf was sich Vertriebsabteilungen einstellen müssen, wenn sie Vertriebsprozesse digitalisieren. Dazu schauen wir am besten mal in die Vergangenheit und stellen uns die Frage, was hat denn eigentlich dazu geführt, dass überhaupt Computer eingeführt worden sind? Wollte man Arbeitsprozesse einfacher gestalten, damit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehr Zeit haben? Sicher nicht, sondern die Motivation war, dass ich entweder mit den bestehenden Leuten mehr Arbeit leisten kann, oder die gleiche Arbeit mit weniger Leuten leisten kann.

Warum sollte das jetzt bei digitalen Vertriebsprozessen anders sein? Was aber konkret heißt das jetzt für eine Vertriebsabteilung? Wenn Sie zukünftig Prozesse digitalisieren und heute gewisse Anzahl an Vorgängen, wie z.B. Anfragen bearbeiten, Angebote schreiben, Kunden besuchen und so weiter, dann bedeutet Digitalisierung dieser Prozesse für Sie, dass Sie mehr Vorgänge bearbeiten müssen, also mehr Angebote schreiben, mehr Kundenkontakte wahrnehmen, etc.

Jetzt kann die Meinung entstehen, das es dazu führen muss, dass ich auch mehr „raus“ bekomme, wenn ich mehr Vorgänge bearbeite. Zum Beispiel: Mehr Aufträge erhalten, da ich ja mehr Angebote bearbeite. Genau an der Stelle haben wir tatsächlich aber leider eine etwas andere Erfahrung gemacht.

Denn die Digitalisierung im Vertrieb bedeutet nicht nur das Sie mehr Vorgänge bearbeiten können. Es bringt auch mit sich, dass es Ihre Kunden digital leichter haben, Vertriebsvorgänge auszulösen oder zu starten. Es geht eben sehr einfach, sehr bequem bzw. standardisiert. Vermutlich wird das in nicht allzu weiter Zukunft auch dazu führen, dass nicht unbedingt immer ein Mensch einen Vorgang startet, sondern vielleicht Maschinen, die Vertriebsprozesse starten, um Ersatzteile anzufragen. Oder Ausschreibungen werden automatisiert verteilt, um Angebote zu bekommen.

Wir werden also erleben, dass auch mit der gleichen Taktung sich ihre Kunden verstärken und mehr Vertriebsvorgänge starten werden. Am Ende des Tages geht es aber immer um das gleiche Investitionsvolumen. Es erhöht sich lediglich die Anzahl der beteiligten Unternehmen. Wenn ich also vorher Anfragen bei fünf Unternehmen gestellt habe, weil ich einfach mehr Antworten gar nicht verarbeiten konnte, führte die Digitalisierung im Vertrieb dazu, dass Sie zukünftig vielleicht 15 oder 50 Angebote einholen und vergleichen können. Es geht aber immer um das gleiche Budget.

 

Digitalisierte Vertriebsprozesse – Eine alternativlose Entscheidung?

Wenn Sie Ihre Vertriebsprozesse nicht digitalisieren, auf was müssen Sie sich somit einstellen? Ich mache einfach mal ein konkretes Beispiel. Sie bedienen im Monat 1000 Vertriebsvorgänge und schaffen es dort zehn Projekte oder zehn Aufträge heraus zu erzeugen. Dann müssen Sie sich darauf einstellen, dass Sie in naher Zukunft 10.000 Vorgänge bearbeiten müssen, um diese zehn Aufträge zu bekommen.

Wenn Sie somit Ihre Vertriebsprozesse nicht rechtzeitig oder nicht vollständig digitalisieren, werden Sie feststellen, dass sie mit einem „analogen“ Vertrieb plötzlich statt mit 1000 Vorgängen mit 10.000 konfrontiert werden. Sie werden merken, dass es jetzt sehr, sehr schwer fällt aus diesen 10.000 Vorgängen, die sie ja faktisch nicht bedienen können, dass Sie entscheiden müssen, welche Vorgänge Sie bearbeiten und welche nicht. Aber wie wollen Sie das leisten? Wie filtern Sie zum Beispiel die Anfragen heraus, wo Sie die besten Chancen haben, um Ihre zehn Aufträge zu bekommen? Denn die Anzahl der Aufträge wird ja nicht mehr.

Wenn Sie auch der Meinung sind, dass der Vertrieb sich konsequent digitalisiert, dann wird eine der zentralen Herausforderungen sein, alle Vertriebsprozesse konsequent und vollständig zu digitalisieren. Die zentrale Herausforderung ist hierbei, sie zunächst mal zu standardisieren.

 

Standardisierung im Vertrieb – Geht das überhaupt?

Erstes Problem – Die persönliche Vorgehensweise kann sehr unterschiedlich sein

Ein typisches Problem bei der Standardisierung von Vertriebsprozesse ist, dass der Vertrieb heute sehr personengebunden ist und darauf basiert, dass der Mensch als strukturierende und ordnende Instanz diesen Prozess führt und dazu auf Intuition und Erfahrung zurückgreift. Die besondere Herausforderung ist dabei, das häufig jeder Vertriebsmitarbeiter und jede Vertriebsmitarbeiterin hierfür im Laufe der Zeit eigene Verfahren entwickelt hat. Das erste Problem das gelöst werden muss, wie eine Beziehung zwischen einem Vertriebsmitarbeiter oder einer Vertriebsmitarbeiterin zu einem Kunden standardisiert wird. Diese Beziehungen sind häufig über Jahre hinweg gewachsen, da ist eine Menge Expertise und Wissen bei jedem Vertriebler aufgebaut worden und die Antworten, die er gefunden hat, sind es die ihn erfolgreich machen. Seine Kollegen können aber ganz andere Antworten gefunden haben.

Dabei ist aber jeder individuelle Weg zum Kunden, letztlich erfolgreich, aber es gibt ganz viele. Jeder geht mit unter bei Kunden anders vor, um erfolgreich zu sein. Die Entscheidung, was hier der beste Weg ist, lässt sich aus dem Vergleich somit gar nicht treffen.

 

Zweites Problem – Die Komplexität der Vorgänge und das notwendige Wissen dazu

Das nächste Thema, dass Sie lösen müssen, ist das Thema der Komplexität. Ich nehme hier mal als Beispiel die Preisfindung. Das ist bei vielen mittelständischen Unternehmen ein riesiges „Komplexitätsmonster“. Da gibt es Sonderpreise, Sonderkonditionen, die immer wieder durch individuelle Absprachen ergänzt oder verändert werden, so dass der Eindruck gewonnen wird, dass eigentlich die Preisermittlung zum Beispiel für die Erstellung von Angeboten, so viel Kundenknowhow voraussetzt, dass dieser Vorgang gar nicht standardisiert oder automatisieret werden kann. Hier ist mein deutlicher Hinweis. Versuchen Sie das erst gar nicht. Komplexität müssen Sie an den Stellen, wo es nicht wirklich essenziell für Ihr Produkt oder für die Kundenbeziehung wertvoll ist, reduzieren. Die Preisfindung ist es häufig nicht.

Die Preisfindung bietet nur bedingt Wettbewerbsvorteile. Wenn Ihnen diese Komplexität nicht hilft, Sie sie aber trotzdem digitalisieren, werden Sie mit jedem Prozess, den Sie so behandeln, langsamer und zwar auf Dauer. Das ist nur dann schlimm, wenn diese Komplexität nicht erforderlich ist, weil Sie so Ihrem Wettbewerb die Möglichkeit geben schneller als Sie zu sein. Darüber hinaus kostet Sie diese Komplexität auf Dauer Geld und Zeit. Zum Beispiel für Schulungen, für Weiterentwicklungen, Migrationen und so weiter. Komplexe Prozesse lassen sich einfach schwerer automatisieren. Für den digitalen Vertrieb ist aber die Grundformel für Erfolg „Je schneller, desto besser“.

 

Standardisierung im Vertrieb – Und was habe ich davon?

Die Chancen liegen darin, dass digitale Prozesse grundsätzlich sehr gut skalieren. Sie können somit einfach in neue Märkte gehen, wo Sie bisher gar nicht reingekommen sind, weil Sie die Kapazitäten dazu gar nicht hatten. Wenn Sie zum Beispiel in der Automobilindustrie Kunden ansprechen, könnten auch Medizintechnikunternehmen interessante Kunden sein, die Sie bisher noch nicht angesprochen haben. Oder Sie denken international. Deutschland ist nun mal eine Exportnation. Ich erwarte deshalb, dass sich viele Unternehmen viel internationaler aufstellen werden, als sie das heute tun. Einfach weil es digital leichter ist in diesen Märkten präsent zu sein.

 

Wer ist der richtige Treiber für den digitalen Vertrieb?

Das Thema ist nur interdisziplinär zu lösen. Als Beteiligte sind deshalb, neben dem Vertrieb, sowohl das Marketing als auch die IT unabdingbar. Nehmen Sie aber mit, dass es nicht reicht nur die kundenorientierten Prozesse zu automatisieren. Auch die Backoffice Prozesse müssen digitalisiert werden, damit Ihr Vertrieb zukunftsfähig bliebt.